Bernd Pliquett
Regie: Der Spiegel seit 2008
Bild Bernd Pliquett
Freud und Leid eines Regisseurs
Liebe Freunde des Theaters und der Kultur, bereits Seneca sagte: „Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück. Es kommt nicht darauf an, wie lang es ist, sondern wie bunt.“ Vielleicht ist es für Sie interessant mal die Gefühlswelt eines Regisseurs kennenzulernen. Nun, ich versuche Ihnen hierzu einen kleinen Einblick zu geben. Ich nehme Sie mit auf eine kleine Reise durch ein Theaterjahr. Wenn es das erste Mal wieder ins Bürgerhaus, in den großen Saal mit der Bühne geht, ist die Freude riesig groß. Es kann endlich wieder losgehen. Proben, lernen, Gemeinschaft erleben, Spaß haben. Ich gebe Tipps, Hinweise und Anregungen, was in den einzelnen Szenen von den einzelnen Schauspielern wie und wo gespielt werden kann oder sollte. Am liebsten würde ich jetzt schon mit mehr Emotionen, Aktionen, Mimik und Gestik arbeiten, da diese Eigenschaften die Dramaturgie eines Schauspiels verändern und prägen. Dies geht aber nur zu einem gewissen Teil, da die Schauspieler noch mit ihren Textheften auf der Bühne agieren. Bedeutet für mich, Handbremse anziehen, sich zurückhalten. Ärgerlich ist es, wenn unvorhergesehene Umstände eintreten (Seminare, Krankheiten, Ausfall/Verspätung S-Bahn) und die Proben nicht wie geplant ablaufen können. Gott sei Dank, gibt es die Souffleusen, die kurzerhand den Text für die ausgefallen Schauspieler sprechen können. Mein sorgfältig ausgetüftelter Probenplan löst sich in Luft auf und ich muss einen neuen Plan ausarbeiten. Super. Nach den Sommerferien sollen die Schauspieler ihren Text auswendig können, das trifft aber meist nicht. Bei dem Einen kam dies und bei dem Anderen das dazwischen. Von den Gründen her nachvollziehbar, verzögert aber wieder den Zeitplan. Langsam breitet sich Panik bei mir aus. Was ist mit zusätzlichen Proben? Aber wann? – Veränderungen im Probenplan? Aber wie? - Jetzt muss alles bei der Ganztagsprobe „rausgerissen“ werden. In den letzten Wochen vor der Aufführung geht es in mir zu wie in einer Achterbahn. Mal klappen die Szenen so gut, dass ich vor Freude in die Luft gehen und die Schauspieler abknutschen könnte. Dann gibt es Proben, bei denen nichts zusammenpasst. Wo bleiben die Emotionen und die Aktionen? Ich bin der Verzweiflung nahe. Die Szene hatte doch schon geklappt. Dann kommt die erste Aufführung. Ich bin angespannt wie ein Flitzebogen. Klappt alles, was bereits eingeübt wurde? Ich freue mich über jede gelungene Aktion und den Applaus der Zuschauer. Ich ärgere mich aber auch und könnte ausrasten, wenn die Szenen nicht durchlaufen, unterbrochen sind oder die Pointen nicht richtig gesetzt wurden. Wenn zum letzten Mal dann der Vorhang zugezogen wird, kommt in mir ein Gefühl der Freude und der Entspannung sowie Melancholie auf. Komische Gefühlswelt. Ich bin stolz auf die ganze Theatergruppe. Ganz gleich, wer in welcher Funktion hier tätig ist.
Ich mag jeden Einzelnen in der Gruppe und freue mich daher schon wieder aufs nächste Jahr, wenn es dann wieder heißt: Vorhang auf, Vorhang auf, Vorhang zu!